Die Eröffnung der TRANSFORM 2025 durch Dr. Ralf Wintergerst, Präsident des Bitkom, setzte einen klaren Ton für die Veranstaltung: Unternehmen stehen in einem zunehmend beschleunigten globalen Umfeld unter Druck, die Digitale Transformation nicht nur mitzudenken, sondern aktiv zu gestalten. Die Kernaussage: Weder Politik noch Wirtschaft können den Wandel allein bewältigen – es braucht ein gemeinsames Verständnis von Richtung, Verantwortung und Investitionsbereitschaft.
Wintergerst beschrieb die aktuelle Lage als "acceleration of everything" – eine Phase permanenter Veränderung, in der wirtschaftliche und geopolitische Dynamiken ineinandergreifen. Er verwies auf die USA, die sich zunehmend vom Freihandelsparadigma entfernten, auf China, das gezielt Überkapazitäten international absetze, und auf Indien, das seinen eigenen Kurs ohne enge Bindung an westliche Märkte verfolge. Vor diesem Hintergrund müsse Europa klären, welchen Platz es einnehmen wolle.
Deutschland hingegen, so Wintergerst, investiere zu wenig in digitale Technologien. Die digitale Wirtschaft sei geprägt von Zögerlichkeit – ein Befund, der sich auch in Zahlen widerspiegle: Laut Bitkom-Studie setzten nur 17 Prozent der Unternehmen KI aktiv ein, obwohl ein Großteil sie für relevant halte. Damit sei Deutschland im europäischen Vergleich lediglich im Mittelfeld positioniert, etwa auf Rang 13 im DESI-Index der EU.
Vor diesem Hintergrund forderte Wintergerst, sich von Abstiegsnarrativen zu lösen und stattdessen tragfähige Strategien für nachhaltiges Wachstum zu entwickeln. Diese müssten sich an einem klaren "Nordstern" orientieren – einem langfristigen Zielbild, das unternehmerische Investitionen unter Unsicherheit ermögliche. Er betonte, dass viele Unternehmen solche Strategien längst etabliert hätten, die Politik aber oft noch an einem kohärenten digitalen Gesamtansatz fehle.
Er nannte konkrete Vorschläge des Bitkom, etwa die Abschaffung der Schriftformerfordernis für Verwaltungsprozesse, eine digitale Bildungsoffensive sowie die Gründung eines eigenständigen Digitalministeriums. Frühere Modelle wie die Digital-Stabsstelle im Kanzleramt oder die Zusammenlegung von Digital- und Verkehrsministerium hätten keine ausreichenden Fortschritte gebracht, so seine Einschätzung.
Wintergerst betonte, dass Investitionen nicht nur von staatlicher Seite kommen dürften. Wenn die Regierung 500 Milliarden Euro für diverse Transformationsvorhaben in die Hand nehme, müsse ein signifikanter Anteil – etwa 100 Milliarden Euro – in digitale Technologien fließen. Gleichzeitig seien auch Unternehmen gefordert, entsprechende Mittel zu mobilisieren, um eine echte Dynamik zu erzeugen.
Er hob hervor, dass Transformation stets dual gedacht werden müsse: Es brauche sowohl Zukunftsinvestitionen als auch Strukturreformen, wie etwa den Abbau von Bürokratie und ineffizienter Regulierung. Nur wenn beides zusammenkomme, entstehe ein investitionsfreundliches Umfeld für die digitale Wirtschaft in Deutschland.
Abschließend verwies Wintergerst auf die Rolle des Bitkom-Netzwerks und die Bedeutung aktiver Beteiligung an den Arbeitsgruppen. Diese seien ein zentrales Instrument, um Expertise aus der Wirtschaft mit politischen Entscheidungsprozessen zu verknüpfen. Transformation sei ein langfristiger Prozess, der Geduld verlange – sowohl in Unternehmen als auch im politischen Betrieb. Die TRANSFORM solle als Plattform dienen, um diesen Wandel gemeinsam und strategisch zu gestalten.