Viele Unternehmen befassen sich mit der Digitalen Transformation, doch der Erfolg ihrer Initiativen hängt unter anderem von der Prüfbarkeit der erreichten Ziele ab. Die Leistungsindikatoren zu bestimmen, ist eine komplexe Aufgabe – aber auch eine Gelegenheit, die Blackbox "Digitale Transformation" zu öffnen.
Autor: Rodolphe Koller und Übersetzung: Kevin Fischer
Wenn in diesem Gastbeitrag des TRANSFORM-Medienpartners Netzwoche die Frage gestellt wird, wie die Digitale Transformation zu messen ist, dann deshalb, weil die Frage nach dem Warum schnell geklärt zu sein scheint. Es ist in der Tat kein Geheimnis, dass die Digitale Transformation die Unternehmensstrategie und damit auch die Agenda des IT-Managements maßgeblich bestimmt. Eine Umfrage der Redaktion zeigt, dass diese Priorität in den vergangenen Monaten sogar noch zugenommen hat: Zwei Drittel der CIOs in der Westschweiz gaben an, dass die Digitalisierung mit der Pandemie an Bedeutung gewonnen habe.
Die Messung des Fortschritts der Digitalen Transformation ist eine Möglichkeit, Initiativen und Investitionen zu steuern, zu überprüfen, ob sie die erwarteten Ergebnisse bringen, und Anpassungen vorzunehmen, wenn dies nicht der Fall ist.
Laut einer Analyse der Boston Consulting Group scheitern zwar viele Transformationsprojekte an ihren Zielen, doch sechs Faktoren tragen zu ihrem Erfolg bei: eine Strategie mit klaren Zielen, die Einbindung des Managements, Top-Talente, eine agile Governance, eine modulare Technologieplattform und eine wirksame Überwachung der Fortschritte im Hinblick auf die Ziele.
Kurzum, es gibt viele Gründe, Instrumente zur Messung der Digitalisierung zu definieren und einzuführen. Trotz ihrer Nützlichkeit haben 62 Prozent des befragten IT-Managements derzeit keinen spezifischen Indikator für diese Initiativen in ihrer Organisation. Für Michael Wade, Professor für Innovation und Strategie an der Manager-Schmiede IMD, ist diese Situation problematisch. "Die Fähigkeit, die Leistung digitaler Initiativen zu messen, ist ein Schlüsselfaktor für eine erfolgreiche Transformation. Leider haben die zur Messung der digitalen Leistung verwendeten Messgrößen nicht mit den Technologien selbst Schritt gehalten."
Die Komplexität der Aufgabe hat zweifellos etwas damit zu tun. In jedem Bereich ist es schwierig, Indikatoren auszuwählen und einzusetzen. Es ist notwendig, hochrangige Ziele (Outcome) und konkrete messbare Ergebnisse (Output) zu formulieren, dafür zu sorgen, dass die Indikatoren auf zuverlässigen und transparenten Daten beruhen, ihre Zahl zu begrenzen, darauf zu achten, dass das Streben nach Zielzahlen nicht dazu führt, dass das eigentliche Ziel aus den Augen verloren geht (Override), und darauf zu achten, dass bestimmte Ziele nicht vernachlässigt werden, weil sie schwer zu messen sind. Für Wade ist ein guter Indikator präzise, prägnant und messbar, formuliert ehrgeizige, aber erreichbare Ziele und bezieht alle ein.
Die Ermittlung und Überwachung relevanter Indikatoren ist bei der Digitalen Transformation besonders komplex. Die Transformation ist ein Ziel, das fast alle Organisationen verfolgen, aber sie ist auch ein Sammelbegriff, in den jeder und jede hineinpackt, was er oder sie für relevant hält.
Dies spiegelt sich in der Vielfalt der Indikatoren wider, die von den Organisationen verwendet werden. Laut den befragten CIOs sind die beliebtesten Indikatoren die investierten Budgets auf der Aufwandseite und die Kunden auf der Ergebnisseite (Loyalität, Engagement, Net Promoter Score). Nur ein Drittel der Unternehmen misst die Prozessumstellung und die Auswirkungen digitaler Initiativen auf Umsatz und Gewinn. Die Umfrage zeigt auch Kennzahlen, die zwar heute nicht verwendet werden, aber für viele CIOs von Interesse wären, etwa der Anteil verwertbarer Daten oder die digitalen Fähigkeiten der Mitarbeitenden und des Managements. Insgesamt überraschen diese Ergebnisse, wie er sagt. "Die meisten Ergebnisse sind recht niedrig, niedriger als ich erwartet hatte. Viele dieser Organisationen messen nur die offensichtlichsten Dinge."
Für den IMD-Professor sollte die Definition von KPIs für die Digitale Transformation von den Geschäftszielen abgeleitet werden: "Viele digitale Messgrößen wie etwa App-Downloads oder Website-Besuche sind kontraproduktiv. Ein gutes Ziel könnte der prozentuale Anteil der Einnahmen aus digitalen Kanälen sein. Von dort aus können Sie detailliertere Metriken entwickeln, etwa den durchschnittlichen Warenkorbwert, die Konversionsrate, die Loyalität zur Website oder App und so weiter." Laut Paul Proctor, Analyst bei Gartner, liegt die Schwierigkeit bei der Definition von KPIs im Fehlen von klar definierten Digitalisierungszielen: "Wenn Sie eine klare Vorstellung von Ihren Digitalisierungsambitionen haben, haben Sie auch eine Vorstellung davon, was Sie messen sollten, um Ihren Fortschritt zu bewerten. Man kann nicht etwas messen, für das man keinen Maßstab hat."
Der Gartner-Analyst sagt, dass die KPIs für die Digitale Transformation zwei Kategorien abdecken sollten: "Die erste Gruppe von KPIs sollte den Fortschritt des Unternehmens bei der Digitalisierung des aktuellen Geschäftsmodells bewerten, indem Ziele in den Bereichen Vertrieb, Marketing, Betrieb, Lieferkette, Produkte und Dienstleistungen sowie Kundenservice gemessen werden. Ein zweiter Satz von Indikatoren sollte Wachstum, Umsatz, Marktanteil und Gewinnspannen digitaler Plattformen bewerten."
In einem im April veröffentlichten Artikel schlagen Michael Wade vom IMD und Massimo Marcolivio von Dell Technologies vier Kategorien von Indikatoren vor, die digitale Lösungen mit den Auswirkungen auf die Unternehmensleistung verknüpfen: Operative Effizienz (Kostensenkung durch schnellere und effizientere Abläufe), Arbeitnehmerengagement (verbesserte Mitarbeiterzufriedenheit und Produktivität), Kundenengagement (verbesserte Kundenzufriedenheit und Interaktivität) und neue Quellen der Wertschöpfung (neue Umsatz- und Gewinnquellen). Operative Effizienz und Arbeitnehmerengagement sind größtenteils nach innen ausgerichtet, während die anderen beiden Kategorien hauptsächlich nach außen gerichtet sind.
Beispiel, welche KPIs man messen könnte. (Source: Michael Wade, IMD Business School, und Massimo Marcolivio, Dell Technologies (2021): A Taxonomy of 24 Digital Transformation KPIs)
Experten warnen jedoch davor, dass die Kennzahlen nicht jederzeit und für alle Organisationen standardmäßig dieselben sind. "Hören Sie auf, nach einer Liste zu suchen, die alle anderen verwenden: Egal, wie gut sie gemacht ist, die Liste der anderen wird nicht auf Ihre Transformation zutreffen", sagt Proctor von Gartner. Um aussagekräftig und nützlich zu sein, müssen die Leistungsindikatoren sektor- und organisationsspezifisch sein. Wade sagt außerdem: "Einige KPIs müssen unternehmensweit sein (und von der Geschäftsstrategie bestimmt werden), aber ich glaube, Sie können für eine Funktion, einen Markt oder eine Initiative schnell spezifischer werden. Spezifischere Ziele sind auch besser zu erreichen."
Die Festlegung von Indikatoren zur Messung des Fortschritts der Digitalen Transformation ist ein komplexes, aber notwendiges Unterfangen, das auch die Klärung der digitalen Strategie, ihrer Ziele und ihrer Mechanismen erfordert.
Es ist auch eine nützliche Übung in einem Kontext, in dem sich die IT-Funktion sowie die Erwartungen des Unternehmens und seiner Geschäftsbereiche an sie tiefgreifend verändern. Diese Veränderungen bedeuten, dass viele CIOs nach neuen Messgrößen suchen, um die Auswirkungen der Veränderungen zu messen. Die Frage der KPIs nach der messbaren Digitalen Transformation ist eine Gelegenheit, dies offen und konkret mit dem Management und dem Unternehmen zu diskutieren.
Die Digitale Transformation ist kein Selbstläufer – ihr Erfolg hängt entscheidend von klar definierten Zielen und messbaren Indikatoren ab. Der Gastbeitrag unseres Medienpartners Netzwoche zeigt eindrucksvoll, wie komplex und zugleich notwendig die Auswahl geeigneter KPIs ist, um Fortschritte greifbar zu machen und strategisch zu steuern.
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